Die unwegsamen Bergtäler Ostbhutans sind die Heimat der letzten halbnomadischen Yak- und Schafzüchter, genannt Brokpa. Ihr Name bedeutet Nomade oder Hirte. In ihrer Sprache und Kleidung unterscheiden sie sich vollkommen von anderen Einwohnern Bhutans. Die Brokpa sind tibetischer Abstammung und leben in einer Höhe von bis zu 3000 Metern in den abgelegenen Tälern von Sakteng und Merak. Frauen wie Männer tragen Filzmützen aus Yakhaaren mit fünf Zipfeln, die in dieser regnerischen und stürmischen Gegend als Regenrinnen dienen. Der Regen rinnt über die Zipfel bequem ab und wird so vom Gesicht weggeleitet. Schmuck findet man fast nur bei Frauen. Er besteht aus schwerem Silber und Türkisen. Frauen wie Männer tragen eingefaßte Türkise als Ohrringe.
Die Brokpa sind Halbnomaden. Im Sommer leben sie hoch oben in den Bergtälern in Häusern, die aus Stein und Lehm gebaut sind. Der Haupteingang eines jeden Brokpa-Steinhauses weist nach Osten. Diese Himmelsrichtung hat große Bedeutung für Gesundheit und Wohlstand, denn aus Osten kommen Licht und Lebensenergie. Die einfachen Schindeldächer werden durch schwere Steine befestigt. Den Winter verbringen sie in tiefer gelegenen Regionen in Zelten. Der Vegetationszyklus und die eisige Kälte während der Wintermonate machen die Wanderungsbewegungen der Brokpa notwendig.
Brokpamänner und -frauen haben den gleichen sozialen Status, und auch ihre Verantwortung für die Familie ist äquivalent. Da die Aufgabe der Männer das Hüten der Yaks auf höher gelegenen Weiden beinhaltet, werden die meisten öffentlichen Versammlungen von Frauen abgehalten. Brokpafrauen sind auch in allen öffentlichen, politischen sowie religiösen Belangen und Fragen den Männern gegenüber gleichberechtigt.
Traditionsgemäß findet kein soziales Ereignis ohne den Genuß von Arrak statt. Der Alkoholkonsum der Brokpa ist im Vergleich zu anderen nomadisierenden Stämmen dementsprechend hoch. Manche Brokpa behaupten auch, sie könnten viel besser arbeiten, wenn sie ein paar Schlucke Arrak zu sich genommen haben. Jugendliche Brokpa veranstalten eigene Trinkfeste, welche die ganze Nacht dauern können. Dieses Verhalten soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Brokpa ein friedvolles Nomadenleben führen.
Bis heute zählen die Brokpa zu den am wenigsten erforschten Nomaden Zentralasiens. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bestehen keinerlei Kontakte der Brokpa zur sogenannten Zivilisation. Ihren alten Traditionen treu geblieben, führen die Brokpa bis zum heutigen Tag noch das Leben ihrer Vorväter.